Zum Tod von Franz Beckenbauer: Ein Kaiser verlässt die Weltbühne

Lieber Herr Beckenbauer,

nachdem ich mit tiefer Trauer die Nachricht von Ihrem Ableben vernommen habe, entschied ich mich dazu, dieses Mal Ihre legendäre Karriere zu ehren, aber auch Ihre fragwürdigen Lebensentscheidungen nach Ihrer aktiven Karriere zu thematisieren. Sie gehen als der beste Libero aller Zeiten in die Geschichte ein und welcher deutsche Fußballfan könnte je Ihren Anteil am Weltmeistertitel im Jahr 1990 vergessen? Ihre Karriere ist mit keiner anderen im Profi-Fußball zu vergleichen, denn Sie haben den Fußball in Deutschland geprägt wie kein anderer vor oder nach Ihnen. Deswegen ist es an der Zeit, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und Ihre Karriere zu beleuchten.

Franz Beckenbauer Nachruf

Franz Beckenbauer auf dem Thron der Geschichte (Bild wurde von einer KI generiert)

Franz Beckenbauer – Superstar und Legende

Als Spieler begannen Sie Ihre Profi-Karriere 1964 beim FC Bayern München. Dort absolvierten Sie bis 1977 insgesamt 427 Spiele und erzielten dabei 60 Treffer. Von 1977 bis 1980 waren Sie bei New York Cosmos aktiv, wechselten dann aber nochmals nach Deutschland zum HSV. Nach nur 2 Jahren bei den Norddeutschen ging es zurück nach New York, wo Ihre Karriere als Spieler ein Ende fand. In der Nationalmannschaft Deutschlands gehörten Sie ab dem Jahr 1965 zu den wichtigsten Spielern. 103 Spiele finde ich in Ihrer Vita und Sie haben sogar 14 Treffer für die National-Elf erzielt. 1972 holten Sie im Trikot der Nationalmannschaft die Europameisterschaft und 1974 folgte direkt auch noch der Weltmeistertitel. Dieser Doppelschlag hat sie als Sportler bereits damals unsterblich gemacht, aber Ihre Karriere im Fußball war noch lange nicht vorbei.
1974, 1975 und 1976 holten Sie mit dem FC Bayern dreimal in Folge den Europapokal der Landesmeister. In Ihrer Vita stehen darüber hinaus der Europapokal der Pokalsieger (1967), der Weltpokal (1976) sowie 5 Meistertitel in Deutschland und 3 in den USA. Mit dem FCB gewannen Sie überdies 4 Mal den DFB-Pokal, auf welchen ich gleich noch einmal eingehen möchte, denn dieser könnte im Zusammenhang mit Ihrem Vermächtnis noch eine ganz besondere Rolle spielen.
Als Trainer waren Sie ebenfalls erfolgreich, denn 1990 holten Sie als Bundestrainer einen weiteren Weltmeistertitel für Deutschland. Auf der Bank der Bayern folgten 1994 die Deutsche Meisterschaft und 1996 der UEFA-Cup. Jedoch hatten Ihre Aktivitäten nach der Zeit auf dem Platz auch ihre Schattenseiten.

Franz Beckenbauer – Schädigung des Legenden-Images

Abseits des Fußballplatzes haben Sie Schlagzeilen wegen einer Steueraffäre gemacht, gerieten aber auch wegen Ihrer Aussagen zur Weltmeisterschaft in Katar in die Kritik. Es gab Vorwürfe wegen Verstöße gegen das FIFA-Ethikreglement und zu intransparenten Honorarzahlungen in Bezug auf die Weltmeisterschaften 2006 sowie 2010 in Deutschland und Südafrika. Die Korruptionsvorwürfe hinsichtlich der WM-Vergabe anlässlich der Heimweltmeisterschaft 2006 dürfen ebenfalls nicht vergessen werden. In Ihrer Rolle als Offizieller haben Sie leider nicht eine derlei weiße Weste wie als Fußballspieler. Ihr Image als deutsche Fußballlegende hat das alles aber nur vage geschadet, denn für mich sowie viele Fußballfans sind Sie einer der Besten aller Zeiten.

Wie dem auch sei, Herr Beckenbauer

Ihr Name und Ihre Erfolge werden für immer bleiben und einige von uns werden der nachfolgenden Generation erzählen dürfen, dass sie den Fußball live zu Zeiten von Franz Beckenbauer miterleben durften. Wer weiß, vielleicht wird sogar tatsächlich der Vorschlag von Ex-Bundestrainer Berti Vogts verwirklicht und der DFB-Pokal in den Franz Beckenbauer Pokal umbenannt. In den letzten Tagen haben sich viele Fußballstars und Legenden dieses Sports dafür ausgesprochen. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich von dieser Option halten soll, aber wenn es einer verdient hat, dann mit Sicherheit Sie. Bleibt mir am Ende nur noch eine Sache zu sagen, Herr Beckenbauer, und die kommt von einem wahren Fußballfan: Ruhen Sie in Frieden.

Thomas Kellner

Fußball Experte

Jahrgang 69, im Herzen jung und als ehemaliger Fußballer sowie Schiedsrichter als freiberuflicher Autor stets aktuell informiert über das Geschehen aller europäischen Fußball-Ligen. Heimatverein und "alte Liebe": Hannover 96

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