Lieber DFB,
Du musst Dir inzwischen viel Kritik gefallen lassen und nach meiner bescheidenen Meinung in vielen Bereich auch zurecht. Doch die Vertragsverlängerung von Julian Nagelsmann kann in der Tat als eine Art Coup verkauft werden, war der beliebte deutsche Trainer doch auch erneut beim FC Bayern im Gespräch. Eigentlich kommt es nicht oft vor, dass ein potenzieller Trainerkandidat dem FC Bayern absagt – wenn man mal von der aktuellen Absagewelle in Richtung des Rekordmeisters absieht. Ich möchte mir heute mal genauer anschauen, warum Julian Nagelsmann die Bank der deutschen Nationalmannschaft vorzieht und ob die Vertragsverlängerung vor der kommenden EM im eigenen Land eine gute Idee war.
Julian Nagelsmann bleibt Bundestrainer – war es die richtige Entscheidung?
An Julian Nagelsmann festzuhalten war sicherlich nicht die schlechteste Entscheidung, denn mit ihm hat der DFB einen immer noch jungen Trainer, welcher die Nationalmannschaft über den Zeitraum der kommenden Jahre grundsanieren kann. Genau dieser Umstand wird seit Jahren in Deutschland gefordert. Der ehemalige Trainer Hansi Flick war nicht in der Lage, diese Wende zu realisieren. Julian Nagelsmann könnte nun über die EM 2024 im eigenen Land hinaus in Ruhe arbeiten und neuen Schwung nach Fußballdeutschland bringen. Durch die vorzeitige Vertragsverlängerung und dem Bekenntnis zur Nationalmannschaft haben nun beide Seiten Planungssicherheit, denn bisher herrschte der Wissensstand vor, dass DFB und Nagelsmann nach der EM getrennte Wege gehen. Dies hat man nun unterbunden.
Bundestrainerposten: Eine lange Zukunftsplanung ergibt Sinn
Wenn man eine Wende einleiten möchte, neue und vor allem junge Talente in die Nationalmannschaft bringen will sowie den Gedanken verfolgt, Deutschland wieder zu einem Top-Team des internationalen Fußballs aufzubauen, dann braucht man auf lange Sicht auch einen Trainer, welcher diese Ziele ins Auge fassen kann. Nagelsmann gehört zu jenen Trainern, die eine Vision verfolgen und genau diesen Ansatz benötigt der DFB. Beide Seiten haben nun die Gewissheit, dass die Zusammenarbeit auch nach der Fußballeuropameisterschaft 2024 in Deutschland weitergehen wird. Eine feste Planung ist im Profi-Fußball von großer Wichtigkeit und das gilt doppelt für die Nationalteams. Aber kann der Plan, Nagelsmann auch nach der EM weiterzubeschäftigen, am Ende nach hinten losgehen?
Was macht der DFB, wenn die EM ein Misserfolg wird?
Eine Frage, die spätestens nach der letzten Weltmeisterschaft der Frauen durchaus berechtigt ist. Auch hier hatte der DFB vor dem Turnier eine Vertragsverlängerung bekannt gegeben, da man mit der damaligen Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg auch nach der WM weiterarbeiten wollte. Das Turnier entwickelte sich aber keinesfalls wie geplant und der Fortbestand der Kooperation war in Gefahr. Tatsächlich kam es zu einer Trennung und nun stellt sich die Frage, was macht der DFB, wenn die EM 2024 im eigenen Land ebenfalls unter den eigenen Erwartungen zurückbleibt und Deutschland zum Beispiel schon in der Vorrunde an seinen Gegnern scheitert? In diesem Falle wäre eine Trennung von Nagelsmann natürlich weiterhin möglich, dürfte aber vermutlich recht teuer werden und auch einen Imageschaden mit sich bringen. Eine Fortführung der Zusammenarbeit wäre daher auch bei einem Misserfolg denkbar.
Fazit: Nagelsmann und der DFB – steht ein neues Sommermärchen bevor?
Das deutsche Sommermärchen aus dem Jahr 2006 ist vielen Fans noch sehr gut in Erinnerung. 2024 könnte man eine Neuauflage starten, doch sie steht nicht unbedingt unter den besten Vorzeichen. Deutschland ist kein Favorit, aber aus der Underdog-Rolle heraus hat unser Nationalteam schon immer die besten Erfolge erzielt.
Thomas Kellner
Fußball Experte
Jahrgang 69, im Herzen jung und als ehemaliger Fußballer sowie Schiedsrichter als freiberuflicher Autor stets aktuell informiert über das Geschehen aller europäischen Fußball-Ligen. Heimatverein und "alte Liebe": Hannover 96
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